Warum Change Management in der Medienbranche vergessen wurde

Wir haben heute das Deutsche Institut für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle gegründet. Warum? Nun ja, die Feststellung, dass sich viele Medienhäuser mit dem digitalen Wandel schwer getan haben bzw. schwer tun, ist nichts Neues. Wir haben aber festgestellt, dass es häufig daran scheitert, weil Change-Prozesse nicht aus einer Change-Management-Perspektive betrachtet werden. Und wenn dies gemacht worden ist, dann häufig von Unternehmensberatern, die die Medien- und Kommunikationsbranche alles andere als gut kennen und nach Schema F vorgehen.

Logo des Deutschen Instituts für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle
Wir haben heute das Deutsche Institut für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle gegründet.

Wir versuchen, mit dem Institut die beiden Bereiche Change Management und Kommunikation zusammenzubringen, wissenschaftlich durch Studien zu begleiten und durch Meetups, Change-Frühstücke und weitere Veranstaltungen zu vernetzen. Fragen haben wir genügend: Wie sieht ein optimaler Newsroom in der Unternehmenskommunikation aus? Warum funktioniert welches Paid-Content-Modell bei Verlagen besser als das andere? Wie gewinne ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Change-Prozess? Wir müssen uns nur überlegen, mit welcher Priorität wir welche Fragen angehen. Die Ergebnisse möchten wir der Medien- und Kommunikationsbranche zur Verfügung stellen, um diese für eigene Change-Prozesse und die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle zu nutzen.

Das Gründungsteam des Deutschen Instituts für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle.
Das Gründungsteam des Deutschen Instituts für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle.

Wenn ich von wir spreche, meine ich vor allem die sieben Gründungsmitglieder des Deutschen Instituts für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle. Ich freue mich sehr, mit diesem Team zusammenarbeiten zu dürfen, schließlich lege ich bei meiner Professur an der TH Nürnberg ebenfalls einen starken Fokus auf Change-Prozesse in Medienunternehmen und in der Unternehmenskommunikation.

  • Nicole Schwertner, die heute zur Präsidentin des Instituts gewählt worden ist, beschäftigt sich hauptberuflich beim MedienCampus Bayern mit Aus- und Fortbildungsangeboten in der Medienbranche. Passgenau Fortbildungen, auch um Mitarbeitern Angst vor der digitalen Zukunft zu nehmen, sind bei Change-Prozessen natürlich unabdingbar.
  • Aline-Florence Buttkereit, Digitalberaterin aus München, ist Vizepräsidentin des Instituts und bringt sich mit ihrem Technologie-Know-how ein. Change-Prozesse werden zum allergrößten Teil durch die digitale Revolution ausgelöst. Deshalb ist es wichtig, einen Überblick über neueste Technologien von Virtual und Augmented Reality über Blockchain und Chatbots bis hin zu Künstlicher Intelligenz zu haben.
  • Wolfgang Kerler kennt große (Bayerischer Rundfunk, Condé Nast mit wired.de) und ganz kleine Medienhäuser (gerade gründet er die Plattform 1e9). Besonderen Wert legt er darauf, wie es gelingt, den User noch stärker einzubinden und eine echte Community aufzubauen.
  • Eva Werner, frühere Bildungsreferentin beim Deutschen Journalisten-Verband und Redakteurin beim Münchner Merkur, ist Expertin für Krisenkommunikation. Wenn man so will, geht (fast) jedem Change eine Krise voraus – und es gilt, durch Change Communication den Veränderungsprozess zu begleiten.
  • Christina Blumentritt ist Geschäftsführerin von Franken Fernsehen in Nürnberg, einem regionalen Fernsehsender. Ihr gelingt es, neben dem täglichen Fernsehprogramm eine weitere Säule aufzubauen, vor allem durch die Produktion von hochwertigen Werbeclips.
  • Maximilian Rückert ist als Referatsleiter für Digitalisierung und Medien bei der Hanns-Seidel-Stiftung hautnah dran an aktuellen Entwicklungen und kennt die Probleme der Branche.

Warum haben sich Verlage so schwer getan?

Aber warum haben die Erkenntnisse aus dem klassischen Change Management in der Medien- und Kommunikationsbranche so lange kaum eine Rolle gespielt?

  1. Die Redaktionsautonomie wurde (zu Recht) lange Zeit hoch gehalten. Berater von außen waren eine Seltenheit. Nur bei neuen Zeitschriften oder anderen Produkten wurden sie zu Rate gezogen – und dann in der Regel auch mit klarem Fokus auf die Produktentwicklung. Das heißt nicht, dass in Redaktionen künftig reinregiert werden sollte. Aber Chefredakteurinnen und Chefredakteure, die heute ohnehin ganz andere Aufgaben wahrnehmen als vor 20, 30 Jahren, müssen sich hier eine gewisse Change-Kompetenz aneignen oder zumindest auf Unterstützung von außen mit einem journalistischen Stallgeruch setzen.
  2. Medien mussten sich Jahrzehnte lang kaum verändern: Regionale Tageszeitungen hatten sich ihre Gebiete aufgeteilt; nicht selten gab es in bestimmten Verbreitungsgebieten Monopolzeitungen. Dadurch fehlte es häufig an Innovationsabteilungen und an einer Change-Kultur, die sich seit der Digitalisierung in manchen Medienunternehmen oder Kommunikationsabteilungen erst langsam (teilweise durch den Aufkauf oder die Beteiligung an Startups) entwickelt.
  3. Redaktionen waren lange Zeit sehr hierarchisch strukturiert. Der nicht selten extrovertierte Chefredakteur hatte in der Redaktion das Sagen, der Verleger war nicht selten ein klassischer Patriarch. Hier hatten Change-Management-Methoden keinen Platz. Hinzu kommt, dass die meisten Journalisten ihren Job nicht als Beruf, sondern als Berufung betrachteten. Ein oft unausgesprochener Konsens war dadurch, dass man sich auf die aktuelle Produktion konzentriert – und (Change-) Kommunikation nur unnötige Zeitverschwendung gewesen wäre.

Auch Unternehmenskommunikation muss sich neu erfinden

Das Thema Change Management in Medienunternehmen und in der Unternehmenskommunikation wird in diesem Blog sicher noch häufiger eine Rolle spielen. Nicht nur Redaktionen sind betroffen. Auch die Public Relation, Marketing und der Vertrieb von Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich neu zu strukturieren und die neuen Möglichkeiten zu nutzen (Stichwort: Corporate Publishing).

Wir sind deshalb für unsere ehrenamtliche Arbeit für das Deutsche Institut für Change-Prozesse und digitale Geschäftsmodelle auch interessiert daran, von den Blog-Lesern, also der Branche, Rückmeldungen und dringliche Forschungsfragen zu erhalten. Vielen Dank an dieser Stelle schon einmal dafür!

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