Rezo, YouTube und die Influencer – in diesem Blogbeitrag geht es mir nicht um eine politische Kommentierung. Am Beispiel des Videos „Die Zerstörung der CDU“ des YouTubers Rezo und der anschließenden Diskussion will ich vielmehr aufzeigen, dass das Influencer-Marketing derzeit überschätzt wird und dass es nicht möglich ist, durch Influencer eine Lücke zu schließen, die zwischen Produkt bzw. Unternehmen und dem Kunden klafft. Ich will damit nicht sagen, dass Unternehmen nicht auf Influencer setzen sollen und dass Produktpräsentationen durch Influencer zum Beispiel auf YouTube oder Instagram wirkungslos sind. Sie sollten sich aber zumindest fragen, warum niemand aus den eigenen Reihen diese Rolle übernimmt – oder übernehmen kann.

Wer ist der bedeutendste Influencer für Microsoft? Klar, Bill Gates. Für Apple? Steve Jobs, immer noch. Für Facebook? Mark Zuckerberg. Wenn Gründer eine Geschichte erzählen können, warum und wie sie zu ihrem Produkt kamen, wirkt dies zig mal stärker, als wenn ein Influencer ein Microsoft Surface, ein iPhone oder die Website von Facebook in die Kamera hält. Dabei geht es nicht nur um charismatische, sondern vor allem auch um authentische Persönlichkeiten. Genau also um das Attribut, das man Influencern zuschreibt: authentisch zu sein. Dafür bringt es nichts, wenn man Stars verpflichtet. Klar kann man damit seine Marke, sein Produkt bekannt machen (wie beim Werbespot von AOL mit Boris Becker, als dieser staunend fragte: „Bin ich da schon drin, oder was?“) – aber man kann es nicht mit Emotionen aufladen, wie wenn man als Unternehmer seine eigene Geschichte erzählt. Auch der einfache Mitarbeiter kann dies gut verkörpern, wenn er sich mit den Produkten und den Werten des Unternehmens identifiziert.
Botschaft und Sender müssen übereinstimmen
Um bei Kunden erfolgreich wahrgenommen zu werden, braucht es eine Übereinstimmung zwischen erstens dem Produkt bzw. den Werten des Unternehmens, zweitens dem Überbringer der Botschaft und drittens der Erwartungshaltung, dem Bedürfnis bzw. der Einstellung des (potenziellen) Kunden. Ansonsten kann Influencer-Marketing nicht funktionieren. Hier zeigt sich das Problem der CDU und warum der erst 26-jährige Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor vermutlich richtig damit lag, sein angekündigtes eigenes YouTube-Antwort-Video wieder zurückzuziehen: Produkt (also in diesem Fall Parteiprogramm und die Kultur innerhalb der Partei) und Sender der Botschaft schienen zusammenzupassen – aber nicht zur Erwartungshaltung des anvisierten Publikums (Abonnenten von Rezo) zu passen. Sollte die CDU nun auf einen klassischen Influencer setzen, würden der Überbringer der Botschaft und die Erwartungshaltung des Zielpublikums übereinstimmen (genau danach werden externe Influencer schließlich ausgewählt), aber mit großer Wahrscheinlichkeit wird es dann keine Übereinstimmung mit der Unternehmens- bzw. hier Parteikultur geben. Influencer kann man nicht einkaufen, um sein Produkt bei der angepeilten Zielgruppe sexy zu machen. Grundvoraussetzung ist, dass das Produkt zunächst einmal dafür passen muss.
Zwei Möglichkeiten gibt es daher: Man kann sein Produkt verändern, damit es zur angepeilten Zielgruppe passt. Oder man kann sein Produkt beibehalten und spricht damit die entsprechende Zielgruppe an. Sein Produkt beizubehalten und via Influencer neue Zielgruppen zu erschließen, ist nicht möglich. Das bedeutet für die CDU: Sie kann sehr wohl auf Influencer auf YouTube und Co. setzen, die bei den jungen Wählerinnen und Wählern populär sind. Damit dies erfolgreich wird, muss sie diese dann aber nicht nur in der Außenkommunikation einsetzen, sondern auch integrieren und sie die politische Agenda und Kultur innerhalb der Partei verändern lassen. Alles andere wäre unauthentischer Etikettenschwindel, der im Social Web ohnehin keine Erfolgsaussichten hätte.
Ein Kommentar zu “Rezo und die CDU zeigen: Influencer-Marketing wird überschätzt”